Die Tracht im Raum St. Georgen - Tracht des Jahres 2014

Hintergrund:

Das Wort 'Tracht' stammt ab vom Wort 'tragen'. Das bedeutet, diese Kleidung wurde im Kirchspiel St. Georgen, das heisst in den Gemeinden St. Georgen, Buchenberg, Langenschiltach Mönchweiler, Oberkirnach, Brigach, Weiler und dem evangelischen Teil von Tennenbronn gegen Ende des 19. Jahrhunderts so getragen, wie auch Bilder aus dieser Zeit beweisen. Die ältesten Kleidungsstücke des Trachtenvereins stammen aus der Zeit um 1850. In den 1990er Jahren starben die letzten Frauen, die die Tracht täglich getragen haben.

Über Jahrhunderte hinweg bestimmten die von den Herzögen von Württemberg erlassenen Kleiderordnungen die Art der Kleidung für den jeweiligen Stand. Bauern durften nur tragen was sie selbst herstellen konnten, also Stoffe aus Flachs (Leinen) und Schafwolle, die in ihren natürlichen Farben getragen wurden. Das Färben von Stoffen war lange Zeit nur den höheren Ständen vorbehalten. Die Kleiderordnungen wurden von Napolen endgültig abgeschafft, hatten aber davor schon an Bedeutung verloren. So stammen die ältesten bisher bekannten detailierten Aufzeichnungen über die Tracht in St.Georgen aus dem Jahre 1795. Als 1770 Herzog Karl Eugen von Württemberg St. Georgen besucht, wird die Kleidung der Bevölkerung als "reichliche und wohlchoisierte Tracht" beschrieben, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Ursprünge der heutigen Tracht bis ins Mittelalter reichen.

Die St, Georgener Tracht ist eine evangelische Tracht. Das bedeutet es werden nur Stoffe in gedeckte Farben getragen. Die Farbe rot und andere grelle Farben werden nicht verwendet. Sie sind katholischen Trachten vorbehalten.

Die Frauentracht

Die Frauentracht besteht aus dem hochgeschlossenen Hippenhemd aus weißem Flanell oder leichtem Baumwollstoff (früher Leinen) mit bauschigen Ärmeln. Am Ellenbogen wird der Ärmel mit zwei Reihehn Plisseefalten gefasst. Den Abschluss bildet eine Lochspitze oder Klöppelspitze. Darüber zieht man die mit Samt besetzte Leibbrust. an

Der Rock (hippe) ist aus schwarzem Wollstoff (früher Wifling) ist im Bund mehrfach gefältelt. An den Hippenrock angenäht ist das Mieder. Es besteht entweder aus schwarzem Samt mit aufgesticktem oder aufgedrucktem Blumenmuster oder aus "Ausbrennersamt" in den Farben braun, grün, blau oder violett. Das Mieder wird mit einem farblich auf die Schürze abgestimmten Briesnestel (Schnürband) zusammengehalten. Knöpfe waren langezeit Luxusartikel. Das Schnürmieder der St. Georgener Tracht spricht für das Alter der Tracht.

Der Brustblätz (Latz) wird unter der Schnürung getragen. Er ist aus Wollstoff, der mit farbigen Samtbändern und Glitzerband verziert wird. Die Farben des Samtes sind in blau, grün, schwarz, braun oder lila gehalten. Den Halsausschnitt bedeckt der aus Samt oder Seidenstoff gefertigte Goller, der ebenfalls mit Glitzerborte verziert ist. Er harmoniert farblich mit dem Schauben und der Schürze. Auch der Goller ist ein Hinweis auf das Alter der Tracht, denn in vielen Trachen wurde er von Seidentüchern abgelöst.

Für die Schürze werden drei Meter Stoff verarbeitet. Er ist oben in Falten gelegt und wird von einem Samtband abgeschlossen. Die Schürze umschließt den Körper der Frau vollständig. Sie wird mit einem schmalen Band vorne gebunden. Die Schürzen bestehen an Werktagen aus Kattun, einem dichten Baumwollgewebe, das man im Schwarzwald auch "Zeugle" nannte. An Festtagen wurden Seidenschürzen gleicher Machart getragen.

Die handgestrickten weißen Strümpfe haben Zopf- oder Bäumlesmuster. Früher hatten die Strümpfe kunstvoll gestrickte Würfel- oder Streifenmuster. Damals wurden am Sonntag "hasenhärene" weiße Zwickelstrümpfe getragen, bei denen die Strumpfwolle mit Haaren von Angorakaninchen versetzt war. Beim Leidgang wurden schwarze Strümpfe und Spangenschuhe aus Leder mit niedrigem Absatz getragen.

Das Käppchen

Sowohl die Mädchen als auch die Frauen tragen in der Öffenltichkeit immer das Käppchen als Kopfbedeckung. Es passt sich der Kopfform an, ist sparsam verziert und bedeckt das Haar nahezu vollständig. Die als Kappenboden bezeichnete Oberseite besteht aus farbigem oder schwarzem besticktem Samt oder aus schwarzer Seide und ist mit einem breiten Ripsband eingefasst. Daran sind unsgesamtt sechs Bänder unterschiedlicher Breite angenäht. Die beiden seitlichen Bänder werden am Kinn mit einem Schlupf gebunden und halten die Kappe.n I der hinteren Mitte befinden sich 2 schmale und 2 breite Bänder, die ebenfalls zu Schleifen gebunden werden.

Der Rosenhut

Der Rosenhut ist das markanteste Kennzeichen der St. Georgener Tracht. Er ist ein eindeutiger Hinweis auf die Herkunft und den Familienstand seiner Trägerin, denn der Rosenhut wird in dieser Form nur in St. Georgen getragen. Rote Rosen bedeuten: die Trägerin ist ledig. Hüte mit schwarzen Rosen wurden von verheirateten Frauen getragen. Der Rosenhut wird immer zusammen mit dem Käppchen getragen. Er wird von den Mädchen / jungen Frauen nach der Konfirmation getragen, wenn sie als vollwertiges Mitglied in die (Kirchen)Gemeinde aufgenommen wurden.

Die Festtagstracht

Der St. Georgener Schäppel, die Brautkrone, gehört mit seinen 38 cm Höhe und 35 bis 40 cm Durchmesser zu den größten und schönsten Schäppeln seiner Art. Er wurde von Mädchen bzw. jungen Frauen ab der Konfirmation getragen, zuletzt an der eigenen Hochzeit. Der Schäppel wurde an besonderen Festtagen, wie an Kirchweih, an Hochzeiten und Taufen (sofern die Taufpatin noch ledig war) aufgesetzt.

Um den Hals trägt die Braut einen weißen, steif gestärkten Schäppelkragen mit Spitzen, die vor-ne zusätzlich mit einem Bouquet aus kurzen farbigen Bändern und künstlichen Blumen ver-ziert sind. Ähnliche Halskrausen trugen Gelehrte und Menschen der höheren Stände in der Barockzeit.

Zur Schäppeltracht gehört außerdem eine kurze Jacke (Schauben, Büble) aus Seide. Sie ist mit innen wattiertem Baumwollstoff gefüttert und am Rand mit einem Samtband eingefasst. Um die Hüfte wird der Schäppelgürtel getragen. Er besteht aus mehreren silbernen Ringketten und kunstvoll verzierten Spiegeln sowie hängenden farbigen Seidenbändern, die zum Teil bestickt sind.

Die Kirchentracht

Beim Kirchgang wurde vorwiegend schwarze Kleidung getragen. Der Farbton schwarz ent-stammt der strengen spanischen Mode, die sich unter Kaiser Karl V in ganz Europa verbreitete. Während mit der Schäppeltracht der Reichtum des Bauern offen zur Schau gestellt wurde wur-de beim Kirchgang Würde, Bescheidenheit und bußbereitschaft durch die schwarze Kleidung signalisiert. Die Frauen trugen beim Kirchgang einen schwarzen Schauben (Jacke) und natür-lich ein schwarzes Käppchen, ein schwarzes Goller, einen schwarzen Brustlatz, einen schwarzen Briesnestel, schwarze Strümpfe und (meistens) eine schwarze Schürze.

Bei festlichen Anlässen und bei der Teilnahme am Abendmahl wurde zusätzlich das „Abendmahlstuch“ getragen. Das Abendmahlstuch ist ein schwarzes Fransentuch mit 150 cm Kanten-länge. Es wird zusammengefaltet, um den Hals geschlungen und vor der Brust gebunden. In St. Georgen wurde, im Gegensatz zu Gutach und Lehengericht, nicht an der Konfirmation die Schäppeltracht getragen. Dieser besondere Tag wurde in Kirchentracht mit Abendmahlstuch begangen.

Die Männertracht

Die Männertracht besteht aus einem Brusttuch (Weste) aus Samt mit Tuchrücken in der Farbe schwarz. Unter dem Brusttuch wird ein leinenes, weißes Hemd getragen. Die Hose ist aus Hirschleder gefertigt, in der Form der heutigen Kniebundhose. Am Sonntag wurden weiße und am Werktag blaue wollene Strümpfe getragen. Als Kopfbedeckung hatte man den schwarzen, breitkrempigen Hut. Die jungen Burschen tragen bis zur Hüfte reichenden dunkelblauen Tuchkittel.

Die Arbeitstracht

Zum Arbeiten war bequeme Kleidung wichtig. Deshalb zogen die Frauen die Knopfhippe der Schnürmiederhippe oder „Inpriishippe“ vor. Die Schürzen bestehen an Werktagen aus Kattun, einem dichten Baumwollgewebe, das man im Schwarzwald auch „Zeugle“ (Zeugleschürze) nannte. Die Strümpfe waren früher handgestrickt mit kunstvollen Mustern (siehe oben). Heute werden rot-weiß gestreifte Ringelsocken angezogen. Außerdem trugen die Frauen einen pflegeleichten Goller und ein Kopftuch aus Baumwolle.
Text: Martin Grießhaber

Verheiratete Frauen tragen schwarze Rosenhüte

ledige Frauen tragen rote Rosenhüte

Die Festtagstracht mit Schäppel

Die Kirchentracht mit Abendmahlstuch

Die Arbeitstracht
Bilder: Karl-Heinz Faisst

Literatur:

Die Tracht im Kirchspiel St. Georgen

Die Geschichte der St. Georgenert Tracht, der Tracht des Jahres 2014/15 und des Trachtenvereins St. Georgen.

44 Seiten, Softcover

Preis: 5€

Trachtenverein St. Georgen, Bernhard Borho, Unterm Wald 2 78112 St. Georgen

Trachten aus Tennenbronn und Umgebung

In Tennenbronn wurde die St. Georgener Tracht (evangelisch) und die Tracht des oberen Schiltachtals (katholisch) getragen. Diese beiden Trachten werden zusammen mit den Trachten der Nachbarorte beschrieben. 76 Seiten, Hardcover.

Preis: 12€

Heimathaus Tennenbronn, Martin Grießhaber, Berghofstr. 14, 78144 Schramberg - Tennenbronn

Weitere Trachtenbilder:

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Hochzeitsbild Trachtenträgerin in der Gegenwart Trachtenträgerin in der Gegenwart

Bilder: Hochzeitsbild von Christian und Katharina Grießhaber, um 1895. Daneben: Katharina Grießhaber um 1960. Die Frau trug bis ins hohe Alter täglich ihre Tracht.

Trachtenträgerin in der Gegenwart

Linkes Bild: 3 Töchter von Christian und Katharina Grießhaber um 1920. Daneben: So würde das Bild heute aussehen. Die Tracht ist identisch.

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tracht.htm Zuletzt geändert: 13-08-2014 Trachtenverein St. Georgen