Auszug aus: Schwäbische Zeitung, Ausgabe 29. 04. 2002

Ein Heer von Würdenträgern feiert die "Rühmliche Heimat"


Stuttgart - Im Herzen der Landeshauptstadt haben am Samstag Hunderte von Würdenträgern weitgehend unter sich den fünfzigsten geburtstag des Landes gefeiert.
Hirsch und Greif machten Überstunden. Schon um 9.20 Uhr waren zwei Männer am Schlossplatz in die goldgelben Kostüme der baden-würtembergischen Wappentiere geschlüpft. Und noch am frühen Abend teilten sie den Strom der Kauflustigen in der Königstraße. Dabei folgten sie der Empfehlung von Bundespräsident Johannes Rau: "Sonst versehen die beiden ihren Dienst auf den Bannern ernst und regungslos, jetzt sollen sie einmal lächeln und tanzen."
Ausdauer bewiesen auch Politiker und andere "Verantwortungsträger" (Erwin Teufel) beim ökumenischen Gottesdienst in der Domkirche St. Eberhard, beim Festakt im großen Haus der Württembergischen Staatstheater, bei Vesper und Kulturprogramm im Landtag und der Verleihung von 51 Verdienstmedaillen im Neuen Schloss.
Allein der dreijährige Alexander, Sohn von CDU-Landtagsfraktionschef Günther Oettinger, protestierte spontan gegen das Marathon-Programm und wälzte sich in der Lobby des Parlaments auf dem Teppich. Die Abgeordneten bewiesen bei der Geburtstagsfeier seltene Eintracht, nicht nur zum Gedenken der Opfer in Erfurt. "Wir können und wollen daran nicht vorbeigehen", hatte der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst zum Auftakt in der Kirche gemahnt. eine Schweigeminute folgte. Durch das mehrere hundert Meter lange Spalier von Fahnen-, Uniform-, und trachtenträgern etwa aus Bad Saulgau, St. Georgen und Bretten spazierte dann SPD-Landtagsvizepräsident Frieder Birzele Schulter an Schulter mit dem amtierenden CDU-Sozialminister Friedhelm Repnik bis zum Eckensee. Landesgroßvater Hans Filbinger reichte vor dem Redefluss im Opernparkett dem sozialdemokratischen Jung-Star Ute Vogt die Rechte. Auch Affären schienen für eine Weile vergessen: Gerhard Mayer-Vorfelder, tags zuvor noch mit neuen Enthüllungen über sein langjähriges Schmerzensgeld vom VfB konfrontiert, durfte im Landtag auf Weingläser signieren. .... von Andreas Schanz